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Digitale Marktplätze: von Online-Plattformen zu neuen Handelskonzepten

8. Juli 2016 | 4 Minuten zu lesen
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Online-Plattformen können Mehrwert schaffen. Die Strategie entscheidet jedoch über den Erfolg. Unternehmen müssen ihr Ökosystem öffnen und umdenken, dann können sich große Chancen eröffnen: für Etablierte, Newcomer – und Anleger.

Nutzer-Penetrationsrate_des_B2C-Onlinemarktes_bis_2020
Prognose_des_durchschnittlichen_Transaktionsvolumens_pro_User

Plattformstrategie: eine andere Strategie

Was treibt die beeindruckenden Prognosen? Die Marktforscher Forrester Research führen in ihrer Studie »B2B eCommerce, 2015 To 2020 (US)« vom Mai 2015 naheliegende Gründe wie Kosteneinsparungen auf Anbieterseite und bequemere Kaufprozesse für Nachfrager an. Starke Argumente, die einen großen Teil des Erfolgs erklären. Maßgeblichen Einfluss haben zudem Faktoren, die ohnehin als Treiber vieler Technologietrends fungieren. So hat die sich verbreitende, kostengünstige Nutzung von Smartphones bislang ausgeschlossene große Bevölkerungsteile in Ländern wie Indien, China, Afrika oder Südamerika in Wirtschaftskreisläufe eingebunden. Um besser zu verstehen, was erfolgreiche digitale Märkte von weniger erfolgreichen unterscheidet, widmen wir uns nun dem Konzept dahinter. Letztlich geht es um nicht weniger als die fundamentale Frage, wie Werte geschaffen werden können. Online-Plattformen können (von ihrem Leistungsangebot losgelöst) für zusätzliche Wertsteigerung sorgen – einfach nur, weil sie Plattformen sind. Für den Erfolg maßgeblich ist dabei die Qualität der Strategie. Wodurch zeichnet sich eine gute Plattformstrategie aus? Die mehrwert-Redaktion hat einen der renommiertesten Plattform-Experten gefragt (Interview, 9. Juni 2016): Sangeet Paul Choudary ist Gründer und CEO von »Platform Thinking Labs« sowie Autor mehrerer Bestseller. Gegenüber mehrwert erklärt er, es gebe grundsätzlich drei Merkmale, die (erfolgreiche) Plattformen ausmachen. Zunächst sei da die Attraktivität für Teilnehmer. Hinzu komme die Zurverfügungstellung von Tools und Services, die Interaktionen zwischen den Usern vereinfachen. Dabei sei es wichtig, Regeln und Rahmenbedingungen festzulegen, die bestimmen, welche Interaktionen von Seiten des Plattformbetreibers gewünscht sind. Zu guter Letzt sind die enthaltenen Daten relevant: Sie müssen beiden Seiten – Anbietern und Nachfragern – möglichst gut entsprechen. Außerdem müsse der Austausch von Werten zwischen beiden Seiten ermöglicht und überwacht werden.

Drei Merkmale machen (erfolgreiche Plattformen aus)

Wodurch zeichnet sich eine gute Plattformstrategie aus? Die derinews-Redaktion hat einen der renommiertesten Plattform-Experten gefragt. Sangeet Paul Choudary ist Gründer und CEO von «Platform Thinking Labs» sowie Autor mehrerer Buchbestseller. Gegenüber derinews erklärte er, es gebe grundsätzlich drei Merkmale, die (erfolgreiche) Plattformen ausmachen. Zunächst sei da die Attraktivität für Teilnehmer. Ausserdem die Zurverfügungstellung von Tools und Services, die Interaktionen zwischen den Usern vereinfachen. Dabei sei es wichtig, Regeln und Rahmenbedingungen festzulegen, die bestimmen, welche Interaktionen vonseiten des Plattformbetreibers gewünscht sind. Zu guter Letzt die enthaltenen Daten: Sie müssen sowohl Anbietern wie auch Nachfragern möglichst gut entsprechen. Ausserdem müsse der Austausch von Werten zwischen beiden Seiten ermöglicht und überwacht werden.

Plattform statt Pipeline

In dem Artikel »Plattform statt Pipeline«, den Choudary mit zwei weiteren Experten des Bereiches in der diesjährigen Juni-Ausgabe des Magazins Harvard Business Manager veröffentlichte, führt er an, dass es Plattformkonzepte eigentlich schon lange gebe. Einkaufszentren bringen zum Beispiel Konsumenten und Händler zusammen. Oder Zeitungen: Sie verbinden Abonnenten und Werbetreibende. Wegen der heutigen Informationstechnologien seien lediglich weniger physische Infrastruktur und Vermögenswerte erforderlich. Die IT mache Plattformen heute einfach nur viel billiger und leistungsfähiger. Riesige Datenmengen können schneller und einfacher verarbeitet, analysiert sowie ausgetauscht werden – ein Mehrwert für alle Akteure. Die betreffende Plattform wird insgesamt wertvoller. Bekannte Plattformanbieter, die ihre Branche so revolutionierten, sind der in kürzester Zeit zum chinesischen Handels- und Kommunikationsriesen aufgestiegene e-Commerce-Konzern Alibaba, der Online-Übernachtungsvermittler Airbnb und der Taxivermittler Uber..

Interaktionen «internalisieren»

Die hauptsächliche Nutzenstiftung einer Plattform liege in der »Internalisierung« von Interaktionen, erklärt Choudary weiter gegenüber mehrwert. »Überlegen Sie, wie Sie normalerweise ein Taxi rufen. Sie schlendern die Straße entlang, suchen und heben die Hand, sobald Sie eines entdecken. Sobald Sie an Ihrem Zielort ankommen, zahlen Sie den auf dem Taximeter angegebenen Betrag. Als Taxivermittler internalisiert Uber all diese Vorgänge auf einer einzigen Plattform. Solche modernen Plattformunternehmen organisieren externe Netzwerke, Aktivitäten von ehemals externen Funktionen werden ergänzt oder völlig übernommen. Damit die Internalisierung aber gelingt und neuer Nutzen entsteht, muss die Interaktion zünden und User begeistern. Die Voraussetzung dafür, dass Angebot und Nachfrage aggregiert zueinander finden und für Skaleneffekte sorgen.«

Umkehr des Outsourcings

Dem erwähnten Artikel Choudarys im Harvard Business Manager ist zu entnehmen, dass sich das klassische Outsourcing damit gar umkehrt. Früher gaben Unternehmen einem Lieferanten Bestellungen vor, heute werden die Ideen der Externen sogar bewusst eingebunden. Oft sind es Ideen, auf die intern nie jemand gekommen wäre. Zum Beispiel Reiseportale, auf denen Verbraucher ihre Botschaften wie Urlaubsvideos oder Beurteilungen selbst erstellen. Oder das beste IT-Produktdesign, das auf Basis eines regen Kundenaustausches entwickelt wird. Die Strategien von Plattformen unterscheiden sich fundamental von denen klassischer Pipeline-Unternehmen (mit sequenzieller Wertschöpfungskette). Für Letztere seien Verkaufszahlen, erwirtschafteter Umsatz und Gewinn die alleinigen Analysegrößen. Bei Plattformstrategien stehen hingegen Interaktionen im Mittelpunkt, ein Wertetausch zwischen Produzenten und Konsumenten.p>

Community-Effekt

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Die wertvollsten Vermögenswerte einer Plattform sind folglich ihre Daten und Nutzer. Netzwerkeffekte innerhalb des Plattform- Ökosystems werden umso stärker, je mehr sich nachgelagerte Interaktionen ähneln. Zum Beispiel der Kauf von Büchern, die Empfehlungen erhalten, welche wieder zu neuen Bücherkäufen führen. Der ehemalige Nischenplayer und heutige Online-Riese Amazon bezeichnet sein Credo mittlerweile als »konzentrierte Diversifikation«. Demnach solle der Kundenwert über das Technologie- Know-how des Kunden geschaffen werden. Plattform-Teilnehmer, Produzenten und Konsumenten selbst wirken also wertsteigernd. Je mehr Nutzer eine Plattform aufweist, desto größer wird ihr Wert: der »Community-Effekt« als ultimative Quelle für potenzielle Wettbewerbsvorteile.

«Ineffiziente» Branchen mit Potenzial

Plattformunternehmen, die neu gegründet werden, weisen dem Artikel zufolge ein von vornherein extern orientiertes Ökosystem auf, Pipeline-Unternehmen hingegen tun sich im Falle eines Strategiewechsels oft schwer. Verständlich, denn mit der Öffnung des traditionellen Systems sind nicht nur größere Chancen, sondern auch mehr Gefahren verbunden. Die Erfolgsbeispiele Apple und Google haben vorgemacht, wie Systemöffnungen eine Bedrohung für Etablierte und Chancen für vermeintlich »harmlose« Newcomer mit sich bringen können. Und doch: Auch Pipeline- Unternehmen können im Plattformsegment Erfolge feiern. Gegenüber der mehrwert- Redaktion verriet Industrie-Experte Choudary, dass dabei insbesondere »ineffiziente« Branchen ein starkes Wachstumspotenzial aufweisen. Gute Aussichten biete zum Beispiel das Gesundheitswesen. Trotz bestehender Risiken und regulatorischer Hürden könnten Plattformstrategien dort großen Wert generieren.

In digitale Marktplätze investieren

Auch Investoren könnten die digitalen Märkte Chancen bieten. Der Spezialist für Technologie- Investments Thomas Rappold begründet dies so: Das Prinzip »The winner takes it all« greift bei digitalen Märkten noch mehr als bei anderen Technologietrends. Kommt es in bestimmten Branchen zu Sättigungen, kann dies zu einem stärkeren Konsolidierungsdruck (und Kursphantasien) führen. Mithilfe sogenannter »Economies of Scale« (Skaleneffekte) minimieren Unternehmen also Infrastruktur- und Transaktionskosten – und schaffen Potenzial für Preissenkungen. Gleichzeitig erhalten bzw. steigern sie ihre Profitabilität. Die neuen Technologien verstärken dabei nur die Größeneffekte. Beispiele dafür sind Deutsche Börse AG und London Stock Exchange, die sich bereits in einem elektronischen Markt mit hoher Profitabilität bewegen und über Fusionsbestrebungen das gemeinsame Ziel verfolgen, eine zukunftsweisende, pan-europäische Super-Börse zu schaffen.

Konzept_des_Digital_Marketplaces_Performance-Index

Startzusammensetzung des Index

Unternehmen Bereich/Region Region
Adobe Systems Inc. Software USA
Alibaba Group Holding-sp ADR Internetkommunikation China
Amazon.com Inc. Internetkommunikation USA
CME Group Inc. Finanzservices USA
CTRIP.com Inc. Internetkommunikation China
Deutsche Börse AG Finanzservices Deutschland
eBay Inc. Internetkommunikation USA
Expedia Inc. Internetkommunikation USA
Fiserv Inc. Software USA
Hong Kong Exchanges & Clearing Finanzservices Hong Kong
Intuit Inc. Software Grossbritannien
Moneysupermarket.com Internetkommunikation Grossbritannien
Netflix Inc. Internetkommunikation USA
Paypal Holdings Inc. Konsumentenservices USA
Priceline Group Inc./The Internetkommunikation USA
Rea Group Ltd. Finanzen, Real Estate Australien
Rightmove Plc Internetkommunikation Grossbritannien
Zillow Group Inc.-A Internetkommunikation USA

Quelle: Solactive, Thomas Rappold (Investmentberater des Digital Marketplaces Performance-Index)

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